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Claudia Cardinal

Ach, wenn ich doch unsterblich wäre

Ach, wenn ich doch unsterblich wäre

»Austherapiert«: Eine Diagnose wie ein Urteil – ein Todesurteil! Betroffene Patientinnen und Patienten stehen mit einem Male vor den Trümmern ihrer Existenz und müssen sich mit dem Sterben und dem Tod auseinandersetzen, Themen, die in unserer schnelllebigen westlichen Gesellschaft eine durch und durch private Angelegenheit geworden sind. Umso wertvoller ist die Arbeit der Hospize und der Palliativmedizin, die den Tod enttabuisiert und Betroffenen ein möglichst friedliches und schmerzfreies Sterben ermöglichen will.

Die Heilpraktikerin und Sterbeamme Claudia Cardinal beantwortet viele Fragen rund um die Themen Sterben und Sterbebegleitung und gibt Betroffenen und Angehörigen erste Informationen an die Hand, die Beruhigung in unruhigen Zeiten bieten: Was genau ist Palliativmedizin und wie sieht palliative Betreuung in der Praxis aus? Was sind Hospize und welche Art von Hospizen gibt es? Und wie kann der Tod in unserer Abschiedskultur zumindest etwas alltäglicher und normaler werden?

Seiten: 226

Claudia Cardinal

  • Verlag MainzVerlag Mainz | Ratgeber & Sachbücher

ISBN:978-3-86317-038-7

Seiten: 226

Normaler Preis €14,80 EUR
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Claudia Cardinal

Claudia Cardinal begründete in den 1990er Jahren analog zur Geburtsheilkunde eine moderne Sterbeheilkunde und bildet an der von ihr ins Leben gerufenen Akademie in Hamburg Menschen in der Sterbe- und Trauerbegleitung aus. Deutschlandweit gibt es mittlerweile rund 800 ausgebildete Sterbeammen.

Leseprobe

Wann immer sich der Sensenmann meldet, ist es, als würde ein Film abgespielt, der einen andauernden, bedrohlichen Unterton im Hintergrund hören lässt. Zuschauer wissen in diesem Moment, dass sich eine schwere Bedrohung nähert und große Gefahr auf die Held*innen wartet. Der Ausgang ist unsicher. Würde es sich um eine Serie im Fernsehen han­deln, so wüssten zumindest alle, dass die Geschichte – und sei es auf noch so abstruse Weise – ein gutes Ende nehmen wird. In Serien gibt es eine Happy-End-Garantie.
Leider ist das Leben kein Film, in dem es mal ein gutes, mal ein ungutes Ende nehmen wird. Alles Lebendige wird eines Tages sterben. Das geht auch jeder Eiche so und sei sie tau­send Jahre alt. Wir Menschen haben eine vergleichsweise kurze durchschnittliche Lebenszeit. Mit den etwa achtzig Jahren, die in Mitteleuropa ein Menschenleben im Durch­schnitt dauert – von Ausnahmen, wie Helmut Schmidt ein­mal abgesehen – sind wir eher Eintagsfliegen, verglichen mit einer tausendjährigen Eiche. Ja, wir sind schnelllebig und kurzlebig. Im Grunde ist es uns klar. Doch erst dann, wenn der Tod mit seiner Drohung näher zu uns heran kommt, wird die Theorie zur Praxis. Und das hat für alle Beteiligten fatale Folgen. Wahrscheinlich stellen wir uns den Tod, den Sensenmann meistens deshalb als Mörder vor, der uns hinterrücks holt oder aber von langen Leiden erlöst. Wann das sein wird, wissen wir nicht. Doch spätestens jetzt wird klar, dass irgendetwas Mächtigeres, als wir es sind, da­rüber zu bestimmen hat. Dann werden wir ziemlich klein und ohnmächtig.
»Ich habe nichts gegen das Sterben. Ich will nur nicht
dabei sein, wenn es soweit ist.«
Woody Allen

Den Tod nur unter philosophischen Gesichtspunkten oder gar durch die Augen des Statistikers zu betrachten, ist eine sehr theoretische Angelegenheit. Mit dem Tod ändert sich al­les, ganz einfach alles und es ist vorbei und ausgelöscht, was einmal war. Egal, was ein Mensch denken und sich vorzu­stellen vermag: das ganz eigene, persönliche Universum wird ausgelöscht und von einem Tag auf den anderen vernichtet.

Die mahnende Schrift an der Wand …
Totentänze sind Wandmalereien aus Zeiten, in denen nur wenige der Schrift mächtig waren. Deshalb wurden Zu­sammenhänge durch Wandbilder verdeutlicht. Auf den Totentänzen des Mittelalters trat der Sensenmann in Form eines Gerippes in Erscheinung. Dieses Gerippe – der Tod – holt früher oder später alle zu sich. In diesen »Comics« frü­herer Zeiten trat er einmal neben ein Kind, dann erschien er neben einem Landmann, er war an der Seite des Pfaffen und an der Seite des Grafen oder Königs. Auch das junge Mädchen hatte den Sensenmann neben sich stehen. Es wird angenommen, dass die Totentänze in den Zeiten der Pest entstanden sind. Die Kirche nutzte die Malereien dann in ihrem eigenen Sinne als mahnendes Bild für die Sünde, die in jedem Tanz liegt und den Tod nach sich zieht. Doch die spätmittelalterlichen Totentänze und ihre Nachfolger in der Frühen Neuzeit besaßen offensichtlich noch einen ande­ren Zweck: Kritik an vermeintlich überkommenen Gesell­schaftsstrukturen. Die Bilder bedeuteten, dass der Tod in seiner Erscheinung alle Menschen durch seine Macht gleich behandelte und damit natürlich letztlich auf eine einzige Stufe stellte. Er macht nicht vor jungen Menschen Halt, ge­schweige denn vor Kaisern und Pfaffen! Ja, es bleibt, wie es ist: alle Menschen sind sterblich!

Ein Fluch lastet auf uns – Freikaufen unmöglich
Jede schlechte Diagnose ist ein Fluch, der nicht so einfach wieder abgeschüttelt werden kann. Das geht Menschen mit einer Allergie ähnlich: Allergien sind – nach medizinischen Gesichtspunkten – kaum heilbar und können nur durch Meidung der allergenen Substanz und symptomhemmende Medikamente gelindert werden. Nun sind Allergien extrem lästig, doch der Sensenmann ist in der Regel keineswegs der Begleiter dieser Krankheit. Dennoch wissen die Betroffe­nen, dass sie der Allergie nicht entrinnen können. Und das ist bei sehr vielen chronischen Krankheiten – wie bei der Diagnose Demenz – auch der Fall. Auch das sind Flüche, vor denen es kein Entrinnen gibt.
Der Tod allerdings, wenn er sich – z.B. durch eine lebensbe­drohliche Erkrankung – meldet, kann ein endgültiges To­desurteil mit sich bringen. Das ist ein Urteil, bei dem den Betroffenen oftmals unklar ist, weshalb dieses ausgerechnet SIE und dazu ausgerechnet JETZT getroffen hat. Und wenn es um eine Begleitung durch eine palliative oder hospizliche Einrichtung geht, so steht in fast allen Fällen eine Krebser­krankung im Hintergrund.
In der überwiegenden Zahl der Fälle wird dieses (Todes-) Urteil erst einmal dadurch abgemildert, dass die Betreffen­den sich in eine Untersuchung und die unweigerlich darauf folgende Behandlung begeben. In Fällen einer Krebserkran­kung ist dies jene Abteilung, die sich mit den onkologischen Behandlungen beschäftigt (aus dem griechischen Onkos = »geschwollen«).