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Thomas Huber

Du Licht Deiner Kirche

Du Licht Deiner Kirche

Eine theologische Erzählung

Pater Antonius wird aus seiner klösterlichen Abgeschiedenheit herausgerufen und soll als Pfarrvikar in drei Gemeinden wirken. In dem progressiv katholischen Umfeld kommen immer mehr Fragen und Zweifel in ihm auf. Er beginnt, sich mit dem vorkonziliaren Verständnis von Priestertum und Kirche auseinanderzusetzen.

Heftige Begegnungen und Erlebnisse führen ihn näher zu der Frage nach seinem priesterlichen Weg. In ihm wächst der Wunsch, ganz der katholischen Tradition anzugehören. Am Ende trifft er eine Entscheidung, die sein Priestertum klärt und vertieft …

Seiten: 310

Thomas Huber

ISBN:978-3-86417-132-1

Seiten: 310

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Thomas Huber

Pater Thomas Huber (*1976) studierte zunächst Musik in Freiburg im Breisgau. Anschließend absolvierte er ein Theologiestudium in Frankfurt am Main, Sankt Georgen und London. Im Jahr 2009 wurde er schließlich zum Priester geweiht.

Leseprobe

Der erste Mittwoch in einem Dezember
Verhangene, düstere Wolken lagen über dem Klos­ter. Pater Antonius blickte aus dem Fenster und sah ein Nichts aus Grau und Blau. Viel hatte er an die­sem Vormittag nicht zustande gebracht. Nur ein paar Gedanken hatte er fassen können, denn das Telefon hatte dreimal geklingelt. Pater Antonius musste seine Predigt für Sonntag schreiben. Hinzu kam der morgige Priesterdonnerstag. Auch da brauchte er eine Predigt.
Als die Uhr des Klosters zwölf schlug, betete er den Angelus und hielt eine Rückschau auf die verflossenen Stunden. Das war ihm lange nicht passiert: nichts war geschafft. Doch er wusste, dass nicht die Telefonate schuld waren. Was ihn abhielt, war eine Frage, die ihn hemmte.
Das Telefon hätte er ausstellen können. So wurde es ihm damals beigebracht: »Eine Sonntagspredigt be­ginnt am Montag mit dem Durchlesen der Lesungstex­te und deren geistlicher Durchdringung in den folgen­den Tagen. Am Mittwochvormittag sollte das Telefon stumm sein, damit der erste Entwurf geschrieben wer­den kann. Am Samstagvormittag hat die Endfassung zu geschehen.« Das war aber nicht das Problem. Statt­dessen war da eine Frage. Er formulierte sie so: »Wenn wir morgen am Priesterdonnerstag um Priesterberu­fungen beten, welche Art von Priester wollen wir von Gott erbitten? Welche Priester wollen die, die morgen nach der Messe eine Stunde auf Knien Anbetung hal­ten? Welche Priester wollen die, die morgen nicht zum Gebet kommen und nur zu sehen sind, wenn sie sich in der Gemeinde engagieren? Was wollen die, die sich nur einmal in Jahr blicken lassen? Welche Priester wünscht sich die Diözese? Welche Priester wünscht sich Gott?« Einfach konnte man doch sagen: »Wir er­bitten vom Himmel einen katholischen Priester.« Frü­her antwortete man, wer denn statt des erkrankten Pfarrers das Amt halten werde mit: »Ein katholischer Priester.«
Dazu kam, dass gestern eine Frau an ihn herange­treten war. Sie hatte ihn gedrängt, morgen, nach der Messe und der Andacht das »Sühnegebet für Gottes­lästerungen« zu sprechen. Sie hatte ihm einen Zettel in die Hand gedrückt. Von einem Sühnegebet wegen Beleidigung der Namen Jesu und Mariens hatte er noch nichts gehört. Freilich wusste er, dass die Namen beschmutzt oder verhöhnt werden. Nach einer kurzen Suche fand er heraus, dass das Gebet seit Jahrhunder­ten existiert. »Aber warum soll man nach dem Segen mit dem Allerheiligsten noch einmal anfangen zu be­ten? Ist denn eine Stunde der Anbetung noch nicht genug? … Aber was ist, wenn Gott das tatsächlich ver­langt? Seiner Majestät wegen wäre es angebracht! Es sollte schon einige Gläubige geben, die Wiedergutma­chung leisten für das, was man Gott angetan hat. Ist es ein Versäumnis, dass das Gebet in den Gemeinden seit Jahrzehnten weggelassen wurde?«
Hier überfiel ihn eine Dunkelheit, die sich schnell auf seine Stimmung legte. Doch er war erfahren ge­nug, solchen Tiefpunkten keinen Raum zu geben, und er riss sich heraus.
Pater Antonius war im Alter von zwanzig Jahren in den Orden eingetreten und hatte sich zehn Jahre spä­ter zum Priester weihen lassen. Die Jahre verbrachte er mit verschiedenen Aufgaben im Kloster. Es war eine abgeschiedene Zeit, aber so hatte er sich das ge­wünscht. Er wollte Mönch werden und wurde es.
Wieder zehn Jahre später, mit vierzig Lebensjahren, drängte ihn sein Abt, in der benachbarten Großgemeinde St. Ignatius eine feste Aufgabe zu übernehmen. Er hatte daraufhin einen Gestellungsvertrag von der Di­özese erhalten. Nun wirkte er in der Großpfarrei als Pfarrvikar oder Pastor, eine Art Kaplan mit erweiterter Verantwortung unter der Leitung des Pfarrers. Von den acht zusammengelegten Gemeinden mit fast 17.000 Katholiken sollte er drei Gemeinden versorgen. Der Pfarrer betreute die übrigen fünf und trug natürlich die Verantwortung für das gesamte Gebilde.
Das Kloster lag nicht auf dem Gebiet der Pfarrei St. Ignatius, sondern in der östlich gelegenen Nachbarpfar­rei von Pfarrer Mendel. Damit hatte Pater Antonius zu seinen Kirchen immer einen Grenzübertritt vor sich. Dennoch konnte er die Gemeinden mit dem Auto gut erreichen. Erste Schwierigkeiten gab es mit dem Büro. Das hatte er nur neben seiner Klosterzelle, in einem Abstellraum einrichten dürfen, nicht aber im neuen Wirkungsbereich. Seinen Wohnsitz und sein Büro hat­te er damit außerhalb der zu betreuenden Pfarrei – ein ungewöhnlicher Vorgang.
Drei ehemals selbständige Gemeinden zu leiten ist nicht wenig. Trotzdem hielt sich sein Arbeitsumfang in Grenzen. Das lag an einer größeren Laiengruppe, die die Geschicke der Pfarrei in vielerlei Hinsicht bestimm­te. Vor Jahren schon wurden mit bischöflichem Segen Laienbeerdigungshelferinnen ausgebildet, die ihm die anfallenden Beerdigungen abnahmen. Von denselben Laien wurden ihm auch die Tauf- und Erstkommunionvorbereitung entzogen. Hinzu kam eine Gruppe von Wortgottesfeierleiterinnen, die im großen Stil ihre Got­tesdienste abhielten. Einen Priester brauchte man ei­gentlich nur noch ergänzend zu den Messen an Sonn- und Festtagen. Den Laien merkte man eine begrenzte Freude an, nach Jahren wieder einen Priester vorge­setzt zu bekommen und dazu noch einen Mönch.
In Gedanken war er bei seiner Amtseinführung im vergangenen September. In der Vorbereitung dazu gab es eine Überraschung: Zu seiner Einführung hat­te Pfarrer Scheubeck, der Pfarrer der Großgemeinde St. Ignatius und damit der neue Vorgesetzte von Pater Antonius, eine heilige Messe abgelehnt, weil die sonst um diese Uhrzeit tätige Wortgottesfeierleiterin Frau Bruck-Schneider sich zurückgesetzt fühlen könnte. Er empfände das »als Klerikalismus«, wenn zur Einfüh­rung eines Pastors das reguläre Engagement der Laien wieder eingeschränkt werde, meinte Pfarrer Scheu­beck.
Bei dem anschließenden Empfang im Gemeindehaus ging es weiter: Der einzige, der mit hochrotem Kopf strahlte, war der Entsandte der Diözese Straubing. Mit Hemd, Krawatte und Kreuzchen am Jackett bejubelte er die kommende Zeit. Pfarrer Scheubeck hielt sich de­zent zurück. Auffällig dagegen waren die Laien. In ei­ner kühlen Art stellten sie ihre Kompetenzen und ihre Aufgaben vor. »Lieber Herr Pastor, lieber Pater Antoni­us, wir übernehmen eigentlich alles für Sie!«, das hatte er noch deutlich im Ohr. Dazu kam eine Belehrung über den »gemeinsamen Weg« der Pfarrei und über die programmatische Ausrichtung. Die Gemeinde, so wurde ihm gesagt, sei »eine ökumenische Gemeinde«. Man feiere zusammen regelmäßig Wortgottesdienste und stimme sich in pastoralen Fragen mit den »evan­gelischen Schwesterkirchen« ab.