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K. K. Summer

Erbin des Chaos

Erbin des Chaos

Mitten im Wald führt Raik mit seinem Vater ein zurückgezogenes Leben, bis er eines Nachts ein verletztes Mädchen findet und es bei sich aufnimmt. Ihm wird schnell klar, dass Fenni kein gewöhnliches Mädchen ist und erfährt schließlich ihr Geheimnis: Sie ist der Fenriswolf, die älteste Tochter Lokis und somit die Erbin des Chaos. All die Geschichten, die er in seiner Kindheit über die nordische Mythologie gelesen hat, sind also wahr …

Um ihrem Schicksal zu entgehen, wurde Fenni in der Menschenwelt versteckt. Aber als die notwendigen Gegenstände zur Einleitung des Weltuntergangs verschwinden, ruft Loki sie zurück in die Welt der Götter, nach Asgard. Nun liegt es an Fenni und Raik, die Gegenstände wieder zu beschaffen und so das Ende aller Welten zu verhindern.

Seiten: 266

K. K. Summer

ISBN:978-3-96964-000-5

Seiten: 266

Normaler Preis €14,80 EUR
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K. K. Summer

Leseprobe

»Raik, Fenni! Wo steckt ihr? Diese nutzlosen Kinder, wo treiben sie sich schon wieder herum, das darf nicht wahr sein! Neunzehn Jahre alt und immer nur Flausen im Kopf!«, hörte Raik Alvar vor sich hin schimpfen.
Er und Fenni dachten gar nicht daran, aus dem Ver­steck zu kommen und sich zu zeigen. Raiks Vater, Al­var, hatte zwar nicht Unrecht damit, dass sie sich oft wie Kinder benahmen, doch das störte die beiden nicht im Geringsten. Sich vor der Arbeit rund um die kleine Blockhaushütte zur drücken, war eine der leichtesten Aufgaben.
»Glaubst du, er ist weg?«, flüsterte Fenni nah an Raiks linkem Ohr.
Unwillkürlich durchfuhr ihn ein Schauer. Wenn sie ihm nah war, fühlte er sich gut und so, als könnte nichts und niemand ihm etwas anhaben. Er blickte sie an und schüttelte den Kopf.
»Ich bin mir sicher, er wird warten, um zu prüfen, ob das schlechte Gewissen uns aus unserem Versteck treibt.«
Ein schelmisches Grinsen erschien auf Fennis Gesicht, ebenso wie auf Raiks.
»Vielleicht sollten wir deinen Vater nicht so lange war­ten lassen«, schloss Fenni. »Irgendwann zieht er uns das Fell über die Ohren.«
Raik lachte leise.
»Du bist sonderbar, Fenni. Ich bin froh, dass du bei uns wohnst.«
Ihr Lächeln ließ sein Herz schneller schlagen.
»Ich auch. Du warst immer wie ein Bruder für mich. Du bist für mich da und hast mir geholfen, mich hier in dieser Welt zurechtzufinden.«
Für einen kurzen Moment huschte Enttäuschung über Raiks Gesicht. Er hatte sich, als er klein war, zwar eine Schwester gewünscht, doch mit den Jahren war Fenni et­was anderes für ihn geworden. Seine Gefühle für sie gin­gen tiefer, als sie für eine Schwester jemals gehen könn­ten. Über die Jahre hatte er das seltsame Mädchen mit den bernsteinfarbenen Augen kennen und lieben gelernt. Ja, er liebte Fenni, allerdings nicht wie ein Bruder seine Schwes­ter. Nie hatte er so etwas bei einer anderen jungen Frau gespürt und war sich unsicher, wie er es ihr gestehen sollte. Wollte er das überhaupt? Denn sie schien Raiks Gefühle nicht zu erwidern.
Raik versuchte, sich nichts von der Enttäuschung anmer­ken zu lassen. Schließlich wollte er Fenni nicht als Freun­din verlieren. Sie war die Einzige, der er alles anvertrauen konnte. Egal, ob seine Ängste und Sorgen oder das, was ihm Freude breitete. Das wollte er nicht missen, um keinen Preis. Auch wenn es wirklich seltsam war, dass sie niemals abgeholt worden war und auch nie jemand nach ihr gefragt hatte. Auch Raiks Vater hatte sich auf diese Tatsache keinen Reim machen können, doch Fenni schien es nicht weiter zu stören. Sie sprach niemals über ihre leiblichen Eltern und wenn sie sich an sie erinnerte, so behielt sie ihre Geheim­nisse stets für sich.
»Raik? Wo bist du nur mit deinen Gedanken?«, fragte Fenni und rüttelte an seiner Schulter.
Er winkte ab. »Entschuldige, ist schon gut. Komm, wir sollten Vater nicht zu lange warten lassen. Sonst hast du mit deinen Befürchtungen recht.«
Er sprang aus dem Versteck auf dem Holzwagen und Fenni folgte ihm auf dem Fuße. Ihre Landung war auch um einiges graziler und leiser als seine eigene. Bereits seit sie klein waren, hatte er ihre Geschmeidigkeit bewun­dert. Sie erinnerte ihn an die Wölfe des Waldes. Immer wieder musste er an die seltsame Begegnung vor neun Jahren denken. Bereits damals hatte er gewusst, dass Fen­ni jemand Besonderes war, aber was genau sie so ander­sartig machte, hatte er bis heute nicht herausgefunden. Jedes Mal, wenn er sie darauf ansprach, wechselte sie abrupt das Thema. Es war zum Verrücktwerden! Sein Va­ter hatte dem Gebrabbel kleiner Kinder keine Beachtung geschenkt. Eine Tracht Prügel hatte Raik bezogen, da er sich solch einen Unsinn ausgedacht hatte. Ein Mädchen, das mit Wölfen sprach und Wunden wie durch Zauber­hand heilen konnte – so etwas gab es nicht. Je öfter er be­teuerte, dass es der Wahrheit entsprach, desto schlimmer wurde es. Irgendwann hatte er es aufgegeben, Vater zu erzählen, was damals passiert war. Auch Fenni war keine große Hilfe gewesen. Denn wann immer er sie in seine Argumentation hatte einbeziehen wollen, war sie bleich wie eine Wand geworden und hatte nichts weiter gesagt. Das hatte auch nicht gerade dazu beigetragen, dass Alvar ihm geglaubt hatte.
»Wölfe werden nicht groß wie Bäume und sie können auch keine Menschen verstehen. Außerdem haben kleine Mädchen keine besonderen Heilkräfte und hören wie von Geisterhand auf zu bluten. Du liest eindeutig zu viele Ge­schichten, deine Fantasie geht mit dir durch. Dieser Unsinn muss aufhören, Raik. Fenni wird nicht für immer bei uns bleiben. Ihre Eltern suchen sicher schon nach ihr und wenn sie die Kleine finden, dann wird sie gehen müssen. Häng dein Herz besser nicht an sie. Du weißt nicht, wie lange sie wirklich bei uns sein wird.«
Das waren seine Worte gewesen.