Home | | Gott, Kirche Welt und des Teufels Anteil
Zu Produktinformationen springen
1 von 1

Ingo Langner und Franz Schmidberger

Gott, Kirche Welt und des Teufels Anteil

Gott, Kirche Welt und des Teufels Anteil

Ingo Langner im Gespräch mit Pater Franz Schmidberger von der Priesterbruderschaft St. Pius X.

Innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche gilt die Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX) als besonders konservativ und reaktionär. Aufgrund der Ablehnung des nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil festgelegten Messritus und einiger Aussagen des Konzils selbst hat die Piusbruderschaft nunmehr seit 1975 keinen kanonischen Status mehr. Warum die Priesterbruderschaft allerdings gegründet worden ist und auf welche theologischen und kirchengeschichtlichen Grundsätze sie sich beruft, weiß innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche kaum jemand.

Während der Pontifikate von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. gab es viele konfliktreiche Situationen zwischen den beiden Päpsten und den Leitungsgremien der FSSPX. Bemühungen des gemeinhin als liberal und reformorientiert geltenden Papstes Franziskus um die Versöhnung mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. können da durchaus verwundern.

Das Gespräch mit Pater Franz Schmidberger soll die hochemotionale Luft aus der Diskussion rund um die FSSPX herauslassen und statt einer bislang ideologisch geführten, eine faktenbasierte Diskussion anstoßen und ermöglichen.

Seiten: 216

Ingo Langner und Franz Schmidberger

ISBN:978-3-86417-101-7

Seiten: 216

Normaler Preis €14,80 EUR
Normaler Preis Verkaufspreis €14,80 EUR
Sale Ausverkauft
inkl. MwSt.
Vollständige Details anzeigen

Ingo Langner und Franz Schmidberger

Ingo Langner (*1951 in Rendsburg) ist Regisseur, Filmemacher und Publizist. Er führte zahlreiche Interviews mit bekannten Persönlichkeiten aus Kultur, Kirche und Politik. Seine Fernsehdokumentationen zur Baugeschichte des Petersdoms, zur Vita on Joseph Ratzinger und über die Jesus-Bücher von Benedikt XVI. haben insgesamt mehr als drei Millionen Zuschauer erreicht. Zu seinen Publikationen zählen unter anderem zwei Gesprächsbücher mit Walter Kardinal Brandmüller und zuletzt 2017 im Patrimonium Verlag das erste Gesprächsbuch mit Pater Franz Schmidberger, »Gott, Kirche, Welt und des Teufels Anteil«. Pater Franz Schmidberger (*1946 in Riedlingen) studierte Mathematik und wurde 1975 durch Erzbischof Marcel Lefebvre zum Priester geweiht. Zwischenzeitlich wirkte er als Distriktoberer der Priesterbruderschaft St. Pius X. und elf Jahre als Generaloberer. Heute ist Pater Schmidberger Regens des Priesterseminars Herz Jesu im bayrischen Zaitzkofen.

Leseprobe

VorWort
Ansichten, Meinungen, Glaubensweisen bilden sich nicht in einem mentalen Raum allein, nicht ausschließlich »im Ge­hirn«. Sie sind in Atmosphären verwoben, in ein menschli­ches Klima, ja in ein bestimmtes Licht (man beleuchtet ein Gotteshaus nicht mit Neonlampen, außer bei protestanti­schen Sekten). Und von dem menschlichen Klima, von dem Licht des Katholischen erfahren wir in diesem Buch min­destens so viel wie von den »eigentlichen« Lehrgehalten. Es lohnt sich, an den Stellen zu verweilen, an denen Pater Schmidberger von seinen Erfahrungen spricht. Man hat von den Gläubigen im Gegensatz zu den »religiös Unmusikali­schen« gesprochen. Wenn das Wort etwas in der Sache trifft, dann geht es, wenn man den Prozess der Entheiligung auf­halten will, auch darum, eine gewisse Melodie wiederzu­finden. Man muss das Heilige wahrnehmen können, einen Sinn dafür ausbilden. Und vielleicht am Anfang nur: Es für möglich halten. Ich finde die Melodie an einer unerwarteten Stelle. Elke Erb, eine bedeutende Dichterin, geboren in der Eifel 1938, in der DDR lebend seit 1949, also vierzig Jahre im Einflussbereich des Marxismus und des Atheismus, fährt im November 1992 nach Bordeaux. Was fällt ihr als allererstes auf? Was ist das eigentümlich Andere hier? »So viele Saint in diesem Land – wie: nicht mehr gewohnt; noch vorhanden.« Und zwar »an so vielen Orten, dass im Postleitzahlenbuch nach dem St. das Alphabet wohl noch einmal erscheint, das gesamte.« Sie kennt sich in der Gegend nicht aus, da kommt Hilfe. »Eine Schickliche trippelt ins Blickfeld, die ich fra­gen kann nach dem Bus. Eine jener um die sechzig, streng und behende, klein und einzeln, plausibel: eine jener Histo­ires françaises, wie sie der Vormittag in die Stadtschneisen streut.« Die Dichterin folgt der strengen Unbekannten in ei­nen kleinen Laden und tut ihr Anliegen kund. Die Fremde »verwandelt sich, ›ja, Madame‹, fasst mich am Ärmel und führt mich ein paar Schritte hinaus, ›dort das Wartehäus­chen!‹ Augenblicklich war ihr Gesicht eine strahlende Bläue im nächsten Frühjahr. Vielleicht, denke ich (und tauche im Kopf), sind sie verknüpft wie ein Fischernetz – diese vielen Saint, das Lächeln, die Zuvorkommenheit.« Aus dem aktuel­len Novembertag, der in Wahrheit ein trüber Welten-Win­ter ist, wird die Frühlingsvision eines neuen Lebens, eines lichtvolleren.
Hier denkt man an das Wort Anmut, obwohl die fremde Dame ja streng erschien. Strenge und Anmut müssen ein­ander also nicht ausschließen. Mag sein, sie sind auf tiefere Weise verbunden in der Abwehr des bloßen Sich-Gehenlas­sens. Anmut und Strenge treffen sich im Begriff der Form. Entsakralisierung aber führt zu einem Welten-Winter (in dem die Vögel nicht mehr singen und die Gebärden selbst in der Kirche anmutlos werden) nicht erst über soziologisch komplizierte Umwege, sondern direkt, unmittelbar. Viel­leicht wird aus dem Lächeln dann ein Grinsen und am Ende ein tierisches Zähnefletschen.
Die Piusbruderschaft gilt als besonders »streng«. Richtig. Nur dass »streng« nicht mit Prügelstrafe und einer Überschärfe verwechselt werden darf, die immer ein Zeichen von schlechtem Intellektualismus ist. Wer über Jahrzehn­te mit Rom verhandelt hat, wird Festigkeit in den Grund­sätzen nicht mit ungeschmeidigem Auftreten verwechseln. Der fromme Mensch ist das Gegenteil eines Fanatikers, weil Frömmigkeit die Glaubensinhalte in das Leben einsenkt und nicht ins Ausgedachte. Hirngespinste sind nicht die Geis­tesbeschäftigung der Frommen. Wer dieses Buch liest, der erfährt, wie Strenge in der Lehre sich ins Maß übersetzt; dort, wo es um Menschen geht. Und es geht hier mindestens so sehr um Menschen wie um Lehrgehalte. Wie lebendig wird das Wirken des Erzbischofs Marcel Lefebvre beschrie­ben von Pater Schmidberger, dem Mann, der ihm vielleicht am nächsten stand. Man kann hier eine ähnliche Erfahrung machen wie Elke Erb in Frankreich. Betrachtet man Port­rätfotografien des Mannes, der die Priesterbruderschaft St.
Pius X. begründete, dann spürt man: an diesem Gesicht ha­ben die Frömmigkeit und die Liebe gebaut. Nicht leicht wird man etwas Vergleichbares in der neueren Kirchengeschich­te finden.
Man schäme sich nicht der Intuitionen. Die Anmut, von der wir sprachen, liegt in den Gebärden. Das Zeichen des Kreu­zes, das Knien, die Neigung des Kopfes, die Richtung zum Altar. Wo die Gebärden sich verflüchtigen, wird die Leh­re kahl, sie wird zur bloßen Ansicht und Meinung im Ge­hirn. Die heilige Handlung verliert dann ihren Abstand zur profanen Welt. Weil der Empfang der Hostie durch knien­de Gläubige, vom Priester in den Mund gespendet, gegen­über der sogenannten Handkommunion (stehende Gläubige, denen die Hostie in die offenen Hände gelegt wird), die un­wahrscheinlichere und damit außeralltägliche Gebärde ist, steht sie der Idee des Heiligen näher als eine, die man ohne weiteres mit Alltag verwechseln könnte. Und gilt das Glei­che nicht von allem, was die Piusbruderschaft gegenüber der nachkonziliaren Kirche vertritt? Dass es sich nämlich kei­neswegs um willkürliche und nostalgische Fanatismen han­delt, sondern um Formen (strenge, anmutige), die das Hei­lige bergen? Und was ist mit dem Frauenpriestertum, das uns die entschlossensten Reformer mit vielen klugen Manö­vern näherbringen wollen? Warum stößt die Idee ab, wenn man doch gleichzeitig die tiefste Verehrung für die Mystike­rinnen hat, für die heilige Teresa von Avila, Mechthild von Magdeburg, die heilige Gertrud von Helfta. Vielleicht, weil die Mystik ein Empfangen und Pflegen ist, kein Machen und schon gar kein Erzwingen.
In diesem Sinne kann man sagen, dass die Intransigenz der Piusbruderschaft niemals kahl ist und immer erfüllt, sie be­wahrt die Gefäße. Wo die Gefäße zerschlagen werden, ver­schwindet der Gehalt in der allgemeinen Alltäglichkeit und Zeitatmosphäre, am Ende verschwindet sogar der Duft – so ungefähr könnte eine Bilanz der liturgischen Reformen seit den sechziger Jahren lauten. Schwer zu entscheiden, was da­bei von vornherein Absicht war und was einfach und un­vermeidlich passierte, als der Weg schon einmal (und am Anfang kaum bemerklich) abschüssig geworden war. Was Festigkeit und Geduld mit Gottes Hilfe dagegen vermögen, und wo wir im Augenblick stehen, lässt sich aus diesem Buch abschätzen.